Nur ein Hauch von Leben...wenn das Leben zu Ende ist, bevor es richtig begonnen hat
Zur Statistik
Im Jahr 2015 kamen in Deutschland auf 737 575 Lebendgeburten 2789 Totgeburten. Als Totgeburten gelten Kinder, die nach der Geburt keinen Herzschlag, keine Lungenatmung oder kein Pulsieren der Nabelschnur zeigen und deren Geburtsgewicht mindestens 500 g beträgt. Totgeburten werden in den Personenstandsbüchern ausgewiesen und in der Geburtenstatistik erfasst. Es besteht eine Bestattungspflicht. (Bis 1994 war die Voraussetzung für die Einstufung als Totgeburt noch ein Mindestgewicht von 1000 g. Bis 1979 mussten Totgeborene eine Mindestgröße von 35 cm haben.)
Totgeburt und Fehlgeburt vor dem Gesetz
Totgeburten, die die Gewichtsvorgabe von derzeit 500 g nicht erfüllen, gelten als Fehlgeburten. Darunter fallen auch Schwangerschaftsabbrüche. Fehlgeburten werden standesamtlich nicht erfasst. Die gesetzlichen Regelungen für die Bestattung unterscheiden sich nach Bundesland. Es gibt die uneingeschränkte und eingeschränkte Bestattungspflicht und das Bestattungsrecht, das sogar eingeklagt werden kann. Und es gibt die Sammelbestattung und die hygienisch einwandfreie Entsorgung, die den Einrichtungen (Kliniken etc.) obliegt. Werden Kinder mit weniger als 500 g Gewicht lebend geboren (Frühgeburten) und sterben dann nach der Geburt, so werden sie unabhängig vom Gewicht offiziell beim Standesamt eingetragen und gleichzeitig ihr Tod beurkundet.
Soweit die gesetzlichen Regelungen. Was bedeutet das aber? Nur wer im Personenstandsregister eingetragen ist, gilt vor dem Gesetz als Mensch. Keine Eintragung beim Standesamt bedeutet also, dass dieses Leben offiziell nie existiert hat. Die gesetzlichen Regelungen spiegeln das Verständnis (oder dessen Mangel) der Gesellschaft wider. Hier hat sich in den letzten 40 Jahren aber schon viel bewegt. Das „nicht offiziell existiert haben“ vor dem Gesetz spiegelt sich leider oft auch in den Reaktionen der Außenstehenden auf Fehlgeburten. Die möglichen Ursache von Totgeburten sind vielfältig. Gesundheitliche Probleme von Mutter und Kind können zum Sterben in der Gebärmutter führen, möglicherweise ist sogar eine Spätabtreibung medizinisch indiziert. Was das bedeutet, wissen die wenigsten: Das Kind bekommt eine tödliche Injektion ins Herz oder die Nabelschnur wird unterbunden. Die medizinische Indikation rechtfertigt das Vorgehen bei Abbrüchen.
Die stille Geburt - ein Kind wird tot geboren
Totgeburt und Fehlgeburt sind vollkommen unpersönliche Bezeichnungen, die das Kind, das Lebewesen, den Menschen wenig würdigen. Eltern haben keine Tot- oder Fehlgeburt verloren sondern ihr Kind. Betroffenen sprechen daher lieber von einer stillen Geburt, wenn das Kind tot - d.h. ohne Schrei – auf die Welt kommt. Von den verstorbenen Kindern wird gesprochen als Sternenkinder, die die Sterne (den Himmel) erreichen, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken durften. Früher wurden damit nur die Totgeburten bezeichnet, heute sind damit zunehmend auch verstorbene Kinder im Allgemeinen gemeint.
Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können. (aus Antoine de St.-Exupery, Der Kleine Prinz)
Für die betroffenen Eltern spielen Gewicht oder Größe keine Rolle, sie haben ihr mit viel Liebe, Hoffnung und oft auch Angst erwartetes Kind verloren. Sie mussten ihr Kind vielleicht sogar durch eine Schwangerschaft begleiten in dem schweren und unglaublich belastenden Wissen, dass dieses Kind bei oder kurz nach der Geburt sterben wird, dass sie es niemals mit nach Hause nehmen dürfen. Oder sie mussten eine Entscheidung gegen das Leben ihrer Kindes treffen – vom Gesetz frei gesprochen, aber letztlich doch verantwortlich. Vielleicht geben sie sich auch eine Schuld, die sie in Wirklichkeit nie hatten. Was das alles für Eltern bedeutet, können Außenstehende nicht ermessen. Im Gegenteil stoßen Betroffene oft auf Unverständnis für ihre Trauer und ihre vielleicht auch sehr widersprüchlichen Gefühle und trauen sich schließlich gar nicht mehr, sie zu zeigen. Das Kind hat doch nie gelebt. Es ist doch besser so. Es sind doch schon Kinder da. Man kann doch noch Kinder bekommen......Das ist der wenig tröstende und noch zusätzlich verletzende häufige „Zuspruch“ der vom Umfeld kommt und eigentlich nur Hilflosigkeit und Unverständnis zeigt.
Es ist aber wichtig, dem verstorbenen Kind seinen Platz in der Familie zu geben, Erinnerungen zu bewahren und der Trauer ihren Raum zu geben auch wenn es vielleicht keine eigene Grabstätte gibt. Das Kind war nicht nur ein Todeskandidat von Anfang an, es war nicht nur eine Pathologie, eine Totgeburt, eine Fehlgeburt oder eine Abtreibung. Es war Licht, es war Liebe, es war Hoffnung, es war Leben.... aber da war auch Angst, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Ohnmacht. Dieses Kind war ein Mensch mit einem kurzen und ganz besonderen Weg, den seine Eltern gemeinsam mit ihm gehen durften, den sie ihm aber nicht abnehmen konnten und den sie ebenso wenig abwenden konnten.
Wir helfen Betroffenen dabei, Ihren ganz eigenen Weg der Trauer und den Weg zurück ins Leben zu finden. Eine erfahrene Trauerbegleiterin, die diese ganz besondere Trauersituation aus eigener Erfahrung kennt, begleitet sie alleine oder gemeinsam mit dem Partner/derPartnerin in Einzelgesprächen.